Unterrichtsausfall gemessen, wieder zum Vergessen!
In den letzten beiden Septemberwochen wollte die nordrheinwestfälische Schulpolitik wieder einmal wissen, wie viel Unterricht an den Schulen des Landes ausfällt. 600 Schulen von 6200 in NRW wurden in einer Zufallsprobe ausgelost, vierzehn Tage lang mussten die Leitungen mit viel Arbeitsaufwand den möglichen Ausfall dokumentieren. „Wenn dreieinhalb Wochen nach den Sommerferien Daten über den Unterrichtsausfall erhoben werden, kann sicher davon ausgegangen werden, dass dies nicht dem Jahresdurchschnitt entspricht. Die Kosten hätte man besser eingespart und dafür zusätzliche Lehrer eingestellt“, sieht Walter Seefluth von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Erhebung sehr kritisch.
Schon die letzte Untersuchung im Schuljahr 2009/10 wurde nicht nur vom Landesrechnungshof skeptisch hinterfragt: Er stellte 5,8% statt der 2,4% aus der Befragung fest. Eltern und Pädagogen im Kreis Kleve nehmen den Ausfall ebenfalls erheblich stärker wahr. Denn in den Grundschulen des Kreises konnte die „Lehrerfeuerwehr“ bis heute nicht zweckentsprechend eingesetzt werden, allen weiterführenden Schulen fehlt eine von der GEW geforderte mindestens 7%ige Stellungsreserve, um kurze- oder langfristige Krankheiten, Schwangerschaften oder andere Ausfälle ausgleichen zu können. „Wenn man dann noch berücksichtigt, dass NRW im Vergleich zu den anderen Bundesländern bei den Bildungsausgaben pro Kind einen hinteren Platz belegt, sind diese unsinnigen Ausgaben zu Erhebung des Unterrichtsausfalles kaum verständlich. Es sei denn, die Politik versuchte wieder einmal mit dieser Studie zu belegen, dass dieses Problem kaum besteht. Dafür sprechen Termin und Länge der Erhebung. Denn so kurz nach den großen Ferien sind die Lehrer in der Regel erholt und die Stellenbesetzung bezogen auf die aktuelle Situation ausgeglichen, sodass kaum Unterricht ausfallen wird,“ prognostiziert Seefluth für den Februar ein Ergebnis, dass der Wirklichkeit nicht entspricht, aber politisch wie in der Vergangenheit entsprechend verwertet werden kann.
Mit Blick auf den Landeshaushalt 2015 bekommt diese Untersuchung einen besonderen Geschmack: Soll eine Begründung für eine Absenkung der Gesamtstellenzahl um 1121 Stellen in einem Gesamtvolumen von ca. 210 Mio.€ gefunden werden? Oder soll ein Argument für die Verringerung des Stellenbudgets für Inklusion (LES) gefunden werden? Und wie steht es mit zusätzlichen Stellen für „internationale Klassen“, in denen die wachsende Zahl von Flüchtlingskindern aufgefangen werden soll? Auch: Warum werden die Mittel für Vertretungsunterricht nicht erhöht?
„Wenn man alle diese Fragen und die Untersuchung zum Unterrichtsausfall in Zusammenhang bringt, stellen sich begründete Zweifel an dem Sinn ein. Nur um Sonntagsreden von Politikern zu füllen, stehen Arbeitsaufwand, Kosten und Ergebnis in keinem vernünftigen Verhältnis. Ehrlichkeit im Umgang mit der Problematik wäre sicherlich angebracht, zumal Eltern und Lehrer im Kreis Kleve seit Jahren wissen, wo der Schuh drückt!“ fordert Seefluth für die GEW mehr Redlichkeit bei künftigen Ermittlungen zum Unterrichtsausfall.