Offener Ganztag: Anspruch scheitert an Wirklichkeit
Wer meint, die unterrichtsfreie Zeit oder die Ferien gelten für alle Beschäftigten an den Schulen, irrt. Die Mitarbeiterinnen im Ganztag kümmern sich weiter engagiert mit ihren Angeboten um die Schüler. Die aktuelle Lage im Ganztag ist nun auch Gegenstand zweier Untersuchungen:
Bertelsmann hat gerade eine umfangreiche Studie zu den Ganztagsschulen herausgegeben, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ihre Umfrage zur Situation der Beschäftigten an den offenen Ganztagsgrundschulen im Kreis Kleve beendet. Studie und Befragung kommen zu einem übereinstimmenden Ergebnis: Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander!
In der Studie wird gefordert, dass „eine Ganztagsschule mehr sein muss als eine Halbtagsschule mit Nachmittagsbetreuung“. In den teils anonymen teils offenen Antworten in den Fragebögen wird Folgendes berichtet: Gruppengrößen bis 40 Kinder, Bezahlung ab 7,50 € pro Stunde, 450 € Jobs befristete Arbeitsverträge, keine Vollzeitbeschäftigung, kaum pädagogische Fortbildungen.
„Unter diesen Umständen können die offenen Ganztagsgrundschulen den Ansprüchen einer individuellen, pädagogisch sinnvollen Förderung kaum genügen. Gute Ganztagsgrundschulen brauchen stark verbesserte Bedingungen!“ sieht Walter Seefluth von der GEW im Kreis Kleve sofortigen Handlungsbedarf. Konflikte mit dem Arbeitgeber, der Schulleitung, dem Schulträger und den Forderungen der Eltern sind vorprogrammiert. „Die Erwartungen der Eltern können nicht erfüllt werden, weil das Projekt Ganztag lange Zeit ein ungeliebtes Kind war und den Gemeinden oft zu teuer ist. Es läuft nach dem Motto: Wir können nur „billig“! bemängelt Seefluth die Struktur:
So leiten zwar in der Realität Koordinatorinnen den Ganztag, werden aber nicht danach vergütet. Da möglicher Personalausfall möglichst wenig Auswirkung haben soll, werden oft nur 450€- oder befristete Teilzeitjobs angeboten. „Doch gerade die Kinder im Ganztag sollten eine Vertrauensperson haben, die immer da ist. Dies ist so nicht möglich!“ sieht die GEW weitere Schwierigkeiten. Auch bei der Betreuung und Förderung behinderter Kinder im Zeichen der Inklusion bestehen Probleme. Hier fehlen Integrationshelfer, die wenn vorhanden lediglich während der Unterrichtszeit zur Verfügung stehen. Spezielle Fortbildungen und fachliche Unterstützung fehlen fast völlig.
„Die GEW bedankt sich bei den vielen Kolleginnen, die geantwortet haben. Nicht alle Probleme konnten beschrieben werden, sie sollen auf einer Tagung nach den Sommerferien erörtert werden“, kündigt Seefluth die weiteren Schritte an. Dazu wird gesondert öffentlich eingeladen. Es sollen auch Gespräche mit den Arbeitgebern und den Schulträgern geführt werden. „Dies wird auch mit der Caritas geschehen, die wie aus den Anmerkungen in den Fragebögen hervorgeht, bedauerlicherweise ihre Beschäftigten aufgefordert hat, nicht an der Befragung teilzunehmen.“ erklärt die GEW ausdrücklich.