Lehrer haben ein Recht auf freie Meinungsäußerung
Große Aufregung herrscht auch im Kreis Kleve über die Reaktion der oberen Schulaufsicht im Regierungsbezirk Köln auf einen Brief von 40 Förderschulleitungen auf den dortigen Mangel an Förderschullehrern. Wegen des Beamtenvergehens „Flucht in die Öffentlichkeit“ wurden die Betroffenen getadelt und ein Schulamtsdirektor suspendiert. „Die Bezirksregierung Köln hat nach eingehender Prüfung von disziplinarrechtlichen Schritten abgesehen. Allerdings wurden die betroffenen Schulleitungen schriftlich an ihre Pflichten gemäß §§ 33 Abs. 2, 34 und 37 Beamtenstatusgesetz gemahnt und in 6 Fällen das Verhalten missbilligt“, so Schulministerin Löhrmann.
Im Kreis Kleve haben diese Maßnahmen gerade unter Lehrkräften, die sich mit der Inklusion befassen müssen, erhebliche Ängste ausgelöst. „Ich bin seitdem immer wieder auf die Vorfälle in Aachen angesprochen worden, öffentlich traut sich kaum jemand kritisch zur Inklusion Stellung zu beziehen“, sorgt sich Walter Seefluth von der GEW.
Dabei gleichen die Umstände in Aachen denen im Kreis Kleve. Dies räumt auch Frau Löhrmann ein: Es „spiegelt die Tatsache wider, dass es insbesondere in ländlichen Regionen seit Jahren Probleme bei der Rekrutierung von Sonderpädagogen und Sonderpädagoginnen gibt.“
„Wer sich die öffentlich beschriebene Situation in Rees anschaut oder in den Grundschulen des Kreises die fehlenden ausgebildeten Förderschullehrkräfte beklagt, sollte mit fachlich begründeten Meinungsäußerungen ernst genommen werden. Ein „Schön-Reden“ hilft nicht. Gemeinsam müssen Lösungen gefunden werden. Es geht um das Wohl der Kinder!“ fordert die GEW. Darum begrüßt die GEW, wenn die Ministerin ihre Position so beschreibt: „Schließlich noch ein Wort zur viel zitierten Meinungsfreiheit: Dies ist für mich eine Selbstverständlichkeit und auch an der Diskussion mit Lehrerinnen und Lehrern, die sich im Sinne der Meinungsfreiheit - zu Recht - kritisch zu schulpolitischen Themenäußern, ist mir gelegen. Diese Haltung entspricht meinem Amtsverständnis…“
„Zwar kann ich den Kolleginnen und Kollegen die Zweifel an dieser Aussage nicht nehmen, aber sie können sich durchaus auf ihre pädagogische Freiheit berufen. Fachlich begründete Stellungnahmen verstoßen nicht gegen das Mäßigungs-und Zurückhaltungsgebot. Es wäre der Umsetzung der Inklusion abträglich, wenn die eigenständige Verantwortung der Lehrkräfte in einem Dienst nach Vorschrift endet“, erklärt Walter Seefluth.
Außerdem gibt es gerade für solche Konfliktfälle die Gewerkschaften und Personalräte. „Die würden sich freuen, wenn sich die Situation in Aachen bald beruhigt und der suspendierte Schulrat weiter arbeiten kann. Damit wäre ein Beweis erbracht, dass die Meinungsfreiheit nicht an den Schultüren haltmacht. Die Umsetzung der Inklusion braucht Kritik. Sie hilft Fehler vermeiden, die sicherlich nicht nur von den Lehrkräften vor Ort zu verantworten sind!“ meint die GEW im Kreis Kleve abschließend.