Behinderte in Geldern ohne freie Schulwahl
Mehr als eine Viertelmillion bekommt die Stadt Geldern vom Land NRW in den nächsten drei Jahren als „Inklusionspauschale“. Dieses Geld kann ohne Verwendungsnachweis als Belastungsausgleich für Schulen verwandt werden, die Kinder mit Förderbedarf unterrichten. In Geldern sind dies die Albert-Schweitzer-Grundschule und die gerade angelaufene Sekundarschule. Alle anderen Schulen haben – wie es zu lesen steht- „aktuell kein Interesse …, inklusive Schule zu werden.“ Auf Nachfrage von Walter Seefluth von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), ob dies bedeute, dass nur nicht-behinderte in Geldern eine freie Schulwahl hätten, wurde dies vom Bürgermeister bestätigt.
„Ich halte dieses Verhalten der Stadt Geldern für einen Bildungsskandal“, äußert Seefluth seinen Unmut. „Schon vor einem Jahr ist man im Schulausschuss über Kinder mit Förderbedarf hergezogen. Bis heute hat die Stadt aber weder einen Inklusionsplan noch eine Übersicht über zusätzliche Kosten erstellt“, erinnert der Pädagoge an die Versäumnisse der Verwaltung. Dabei ist die Umsetzung der Inklusion seit Jahren Thema, scheinbar nur nicht in Geldern. „So kann ein körperbehindertes Kind trotz hoher Intelligenz und Gymnasialempfehlung in Geldern kein Gymnasium besuchen. Dafür sei die Sekundarschule zuständig, hier könne- so der Bürgermeister- das Kind auch alle Abschlüsse erwerben“, berichtet Seefluth weiter aus der Sitzung.
Obwohl es bereits ausweislich der aktuellen Handreichung Nr.3 zu „Inklusion und individueller Förderung“ des Kreises Kleve „Einzelintegrationen“ vornehmlich für sinnesgeschädigte und körperbehinderte Kinder gibt, ist dies in Geldern nicht vorgesehen. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen hält es der Kreis Kleve für „pädagogisch sinnvoller“, erziehungsschwierige Kinder in Einzelintegration an der örtlichen Grundschule zu unterrichten. Nur in Geldern sollen dieser Kinder zusammengefasst und die Förderung erschwert werden.
„Somit haben diese Kinder anders als in der Behindertenrechtskonvention vorgesehen, nicht die gleichen Rechte. Sie dürfen keinen Erst-und Zweitwunsch äußern, müssen ihr gewohntes Umfeld und die Freunde verlassen, weil die Stadt Geldern diese Rechte ignoriert. Damit lässt sie nicht nur die Eltern und Kindern, sondern auch die Lehrerinnen und Lehrer im Stich. Sie werden darüber in Unkenntnis gelassen, wohin das zusätzliche Geld für Investitionen fließt“, fasst Seefluth seine Kritik zusammen. Mit Blick auf das kommende Schuljahr 2015/15 sieht er in jedem Falle neue Probleme auf die Stadt zukommen. „Es könnte passieren, dass die Franziskusschule dann nicht die erforderlichen Anmeldungen bekommt, und die dortigen bisherigen Förderschüler verstärkt auf die Regelschulen gehen“, warnt der Gewerkschafter rechtzeitig. Er sieht in jedem Fall Handlungsbedarf für die Umsetzung einer zeitgemäßen Bildung in Geldern mit einer freien Schulwahl für alle Kinder.