Lehrermangel – Kreisverband der GEW Kleve und Elternvertreter schließen sich zusammen

Nun sollte man meinen, dass in einem sehr ländlich geprägten Kreis wie Kleve die Welt noch in Ordnung ist – doch nicht nur in arbeitsmarktpolitischer Hinsicht sondern auch in Bezug auf die Bildungssituation ist im Kreis Kleve enormer Handlungsbedarf.

Der Kreis Kleve ist einer der mit Lehrerstellen am schlechtesten besetzten Kreise in ganz NRW und bildet im Familienatlas 2007 bezogen auf das Kriterium Bildung und Ausbildung das absolute Schlusslicht von 439 Städten und Kreisen.  

Die Kreis Klever Elternschaft macht mobil.

Aufgerüttelt durch die Streichung von in Aussicht gestellten Lehrerstellen im Dezember letzten Jahres durch die Bezirksregierung, startete Stefan Terlinden, Schulpflegschaftsvorsitzender der St. Adelheid Grundschule in Geldern (Südkreis) eine Protestaktion, die sich an die derzeitige Landesregierung in Düsseldorf wendet und „gegen die Streichung von Lehrereinstellungen und Bedenken an der Fähigkeit einen klaren Blick für Bildung und Investition in die Zukunft zu haben und im Wohle unserer Kinder zu entscheiden.“ Bisher hat er über 3500 Unterschriften gesammelt. Im Vorfeld hatte er versucht, Auskunft bei der Bezirksregierung Düsseldorf über die Stellenstreichungen zu bekommen – ohne Erfolg.

Der Kreisverband der GEW Kleve lädt die Landtagsabgeordneten zum runden Tisch

Im November 2009, kurz nach bekannt werden der Stellenstreichungen, schrieb der Vorsitzende des GEW Kreisverbandes Walter Seefluth einen offenen Brief an die Landtagsabgeordneten des Kreises Kleve, um auf die schlechte Stellenbesetzung an den Grund- und Hauptschulen aufmerksam zu machen und die extremen Konsequenzen für den Kreis Kleve detailliert aufzuzeigen, die durch die fehlenden Lehrereinstellungen entstehen.

Bei schulscharfen Ausschreibungen stellt sich immer wieder heraus, dass der Kreis Kleve für junge Kolleginnen und Kollegen aufgrund seiner Randlage und dörflichen Struktur nicht besonders attraktiv ist. Umso enttäuschender und gravierender die Meldung die kurz vor dem Ende der Ausbildung stehenden jungen Lehrkräfte nicht längerfristig an ihre Ausbildungsschulen binden zu können. Die Abwanderung der jungen Kolleginnen und Kollegen nicht nur aus dem Kreis Kleve, sondern auch aus dem Land NRW in andere Bundesländer hat weitreichende Folgen und wird uns in den kommenden Jahren durch die demografische Entwicklung teuer zu stehen kommen.

Im Januar 2010 lud der Kreisverband Vertreter der Politik, des Schulamtes und der Bezirksregierung Düsseldorf sowie Schulleiter der Grund- , Förder- und Hauptschulen ein, gemeinsam an einem „runden Tisch“ über die Situation an den Schulen zu diskutieren.

Leider verlief dieses Gespräch nicht so erfolgreich, wie der Kreisverband gehofft hatte. „Wir mussten feststellen, dass die Bezirksregierung, die durch den Abteilungsdirektor Schule, Thomas Hartmann, vertreten wurde, davon ausgeht, dass die Grundschulen in unserem Kreis zu 105, 7 Prozent besetzt sind, damit wäre ihrer Meinung nach das Soll mehr als erfüllt“, kommentierte Anja Oster, Mitglied des Vorstandsteams der GEW Kleve. „Am 31. Januar werden zwölf Grundschullehrer pensioniert, diese Stellen bleiben unbesetzt – von Langzeiterkrankungen ganz abzusehen!“ Stellt sich bei dieser Stellenbesetzung die Frage, warum dem Kreis allein in Bereich der Grundschulen 25 Stellen zugewiesen werden sollten.

„Ein Rechenfehler oder falsche Prognosen ja, aber um 100 Prozent verrechnet, da kann man ironischerweise nach der Grundschulbildung fragen“, schreibt Stefan Terlinden in seinem Protestschreiben an die Eltern.

GEW und Elternvertreter gehen gemeinsam vor

Aus dieser unbefriedigenden Situation heraus, hat sich die GEW mit der Elterninitiative der Schulpflegschaftsvorsitzenden der Grundschulen zusammengeschlossen – gemeinsam sind wir stärker.

In zwei Treffen der Schulpflegschaftsvorsitzenden des Kreises Kleve und der GEW-Vorsitzenden Dagmar Wintjens und Walter Seefluth wurde schnell deutlich, dass die statistische Zahl von einer 105,7 Prozent Stellenbesetzung nicht die Wirklichkeit an den Schulen und ihre problematische Situation widerspiegelt. Auch hatte die Auswertung von Fragebögen an die Schulpflegschaftsvorsitzenden ergeben, dass zwar die Kinder nicht im Krankheitsfalle einer Lehrperson früher nach Hause kommen – offiziell also kein Unterricht ausfällt, von Unterricht bei Klassenzusammenlegungen, Ausfall von Förderstunden, eine ad hoc Beschäftigung der Kinder der Klasse oder Einsatz von Eltern, im eigentlichen Sinne nicht gesprochen werden kann.

Ein wichtiger Grund für diese schulischen Situationen bei kurzfristigen Erkrankungen liegt daran, dass im Kreis Kleve die Vertretungsreserve, d. h. die 16 LehrerInnenstellen, die beim Schulamt für solche Fälle eingestellt wurden, aufgrund der schlechten Stellensituation fest an Schulen eingeplant sind und so ihrer Funktion nicht mehr nachkommen können. Auch wurde beklagt, dass Schulen häufig keine Schulleitung hätten bzw. zwei Schulen von einer Schulleitung geleitet werden. Aufgrund dieser und ähnlicher Punkte wurde von den Eltern ein Forderungskatalog einstimmig verabschiedet. Gemeinsam mit der GEW Kleve wurde beschlossen, die Landtagsabgeordneten der CDU und SPD sowie die entsprechenden Kandidaten und den Landrat zu einer Podiumsdiskussion einzuladen.

Diese fand am 14. April 2010 statt. Über 300 Eltern, Lehrer und Schulleitungen waren dem Aufruf der GEW nachgekommen: „Lasst die Eltern nicht allein, setzt euch gemeinsam für die Kinder ein!“ Das Interesse war groß und die TeilnehmerInnen ließen durch ihre Äußerungen erkennen, dass sie hinter den Forderungen der GEW stehen.

Auf dem Podium saßen neben den Gastgebern der Staatssekretär Manfred Palmen (CDU), die Landtagskandidatin Margret Voßeler (CDU) und das Landtagsmitglied Bodo Wißen (SPD).

Vorschläge zur Verbesserung der Personalsituation an den Grundschulen im Kreis Kleve

Die Grundschulproblematik wurde wie oben beschrieben dargestellt und heftigst diskutiert. Insbesondere im Bereich der Ersatzeinstellungen und des inzwischen ausgesprochenen hohen Prozentsatzes von Nichterfüllern, dieser liegt zurzeit bei 50 Prozent, zeigten Eltern, Lehrkräfte und auch die politischen Vertreter Unverständnis und Besorgnis.

So wurden der Politik Vorschläge zur Verbesserung der Personalsituation an den Grundschulen mit auf den Weg nach Düsseldorf gegeben. Zu diesen gehören:

Ergänzung des Sozialindex

Die Stellen aus dem Sozialindex sind gemäß Erlass auch für die Vertretung vorgesehen. Allein aus diesem Grund müsste der Anteil für den Kreis Kleve erhöht werden. Dazu sollten neben den Brennpunktschulen auch jene Städte und Kreise gefördert werden, die als schwer besetzbar gelten. Der Erlass könnte um den Punkt „strukturschwache, ländliche Bereiche“ ergänzt werden.

Nachbesetzung der Stellenreserve

Im Regierungsbezirk Düsseldorf sind zurzeit rund 75 Stellen für die Vertretungsreserve an den Grundschulen zu verteilen. Sie sollen besonders als Nachteilsausgleich für schlecht besetzte Schulämter eingesetzt werden. Hierzu gehört aufgrund der vergleichbar schlechten Besetzung der Kreis Kleve.

Zum 31.7.2010 müssen alle Stellen der bisherigen Vertretungsreserve in feste Stellen umgewandelt werden. Dies wurde den Lehrkräften zugesagt. Diese Zusage, nach zweijährigem Einsatz in der Vertretungsreserve fest an einer Schule eingesetzt zu werden, wird durch einen entsprechenden Passus im Erlass bestätigt.

Flexiblere Einstellungsverfahren.

Sollte es zu schulscharfen oder schulamtsscharfen Einstellungen im Kreis Kleve kommen, sollten bei der Ausschreibung unterbesetzte oder schlechter besetzte Schulämter zunächst die Chance bekommen, zu den Bewerbungsgesprächen einzuladen. Dies könnte einfach durch eine entsprechende Terminfestsetzung eine Woche vorher zu den Ausschreibungsterminen geschehen. Außerdem würde diese Maßnahme für die BewerberInnen den Bewerbungszeitraum und die Einstellungschancen erweitern.  

Wie sich die weitere bildungspolitische Situation an den Kreis Klever Schulen entwickeln wird – vor allem auch nach der Landtagswahl - wird weiterhin von den Elternvertretern und der GEW genau beobachtet und diskutiert werden. Damit die Landtagsabgeordneten die Kreis Klever Forderungen zum Wohle der Kinder nicht vergessen, wurde Ihnen zum Abschluss der Podiumsdiskussion noch ein „Vergissmeinnicht“ überreicht.

Autoren: Anja Oster - Dagmar Wintjens